Die 5 unverschämtesten Werbungen der Tierprodukte-Lobby
7. Dezember 2021
Lobby-Organisationen für Fleisch, Milch und Eier sind hochprofessionell organisiert. Finanziert werden sie von ihren Industrien. Doch auch der Bund pumpt jährlich Millionen in die sogenannte «Absatzförderung». Das Resultat sind oftmals zweifelhafte Kampagnen, die Gewalt am Tier schönreden. Hier sind die fünf unverschämtesten Beispiele von Lobby-Werbung der letzten Jahre – und was wir dagegen tun!
5. Platz: AOP IGP mit «Nachwuchs fördern? Ja!»
Wofür genau steht «AOP IGP»? Da wären wohl viele Leute ratlos. Wer dieses Plakat sieht, könnte glatt denken, «AOP IGP» sei ein Tierschutz-Gütesiegel. Immerhin werden hier Ferkel und ihre Mutter auf grüner Wiese gezeigt, während in Realität jedes zweite Schweizer Schwein nie aus dem Stall kommt. Doch um Tierschutz geht es bei «AOP IGP» gar nicht. Die Abkürzung steht für «Appellation d’Origine Protégée» und «Indication Géographique Protégée». Es geht nur um geschützte Herkunftsbezeichnungen wie «Walliser Trockenfleisch» und «Berner Zungenwurst».
Gegen das zweifelhafte Sujet haben wir Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission eingereicht. Die stimmte zu, dass das Sujet nicht die übliche Realität abbilde. Das müsse Werbung aber auch nicht. Diese eigenartige Begründung gab sogar in den Medien zu reden. Jedenfalls sah man das Sujet kurz darauf nicht mehr.
4. Platz: Proviande mit «Logenplätze für unser Geflügel»
Bild: Proviande
Von erhöhten Schlafplätzen, frischer Luft und «besonders tierfreundlicher Stallhaltung» schwärmte dieses Plakat von Proviande. Jedoch mutete man es dem Publikum nicht zu, diese Stallhaltung zu zeigen. Denn in der Regel leben Hühner in der Schweiz zu Hunderten und Tausenden zusammengepfercht. Stattdessen photoshoppte man die Tiere einfach in eine frei erfundene Stall-Idylle. Unsere Freund:innen von Tier im Fokus legten Beschwerde ein. Die Lauterkeitskommission gab ihnen teilweise recht – besonders im Punkt mit dem täglichen Auslauf an die frische Luft. Den haben die meisten Hühner nämlich nicht.
Und wir bleiben auch dran: Gemeinsam mit Tier im Fokus unterstützen wir die Massentierhaltungsinitiative, damit sich für die Hühner etwas verändert. Zudem haben wir uns 2021 zusammengeschlossen, um gegen weitere Lobby-Werbung zu protestieren.
3. Platz: Migros mit dem «5-Sterne-Schinken fürs Tierwohl»
Tote Tiere sind nicht glücklich und glückliche Tiere wollen nicht sterben. Dass die Migros einem Schinken die Bestnote im Tierwohl gibt, wirkt da wie ein böser Scherz. Dahinter steckt ein grundsätzliches Problem: Das Label «M-Check» wird von keiner unabhängigen Organisation verliehen, sondern von der Migros selbst.
Dieses Selbstlob beim Tierwohl haben wir bereits bei Einführung des Labels kritisiert. Aus Tierschutzsicht ist ganz klar: Die Bestnote im Tierwohl haben nur Produkte verdient, für die keine Tiere getötet wurden. Gegen das Sujet haben wir zudem Beschwerde eingereicht. Daneben machen wir mit unseren Info-Materialien auf die Gewalt hinter Fleisch, Milch und Eiern aufmerksam.
2. Platz: Swissmilk mit «Familienanschluss für Kühe»
Bild: Swissmilk
Besonders dreist ging die Lobby-Organisation Swissmilk bei diesem Plakat vor: «Übrigens: Schweizer Kühe sind glückliche Kühe, dank Familienanschluss und Weidehaltung». In Wahrheit werden Milchkühe jährlich geschwängert, damit sie Milch geben. Das Kalb wird ihnen jeweils weggenommen, was für diese sozialen Tiere traumatisch ist. Das ist das genaue Gegenteil von «Familienanschluss».
Unsere Beschwerde gegen dieses Sujet war teilweise erfolgreich: Die Lauterkeitskommission behaftete Swissmilk darauf, das Sujet nicht mehr einzusetzen. Doch andere fragwürdige Werbeaktionen der Milchlobby gehen weiter, zum Beispiel der «Tag der Pausenmilch» an Schulen. Dagegen haben wir gemeinsam mit weiteren Organisationen lautstark protestiert.
1. Platz: Bezahlter Pseudo-Journalismus für «Proviande»
Die unverschämteste Lobby-Werbung sieht gar nicht aus wie Werbung. Sie sieht aus wie ein gewöhnlicher – wenn auch extrem unkritischer – Zeitungsartikel. «Von glücklichen Schweizer Schweinen» schrieb zum Beispiel 20 Minuten, «Haltung gut, Leistung gut» titelte eine bezahlte Facebook-Anzeige der NZZ. Beides erfolgte im Auftrag von Proviande. Gemäss einer vom Bund unterstützten Studie erkennen viele Leute nicht, dass es sich bei solchen Anzeigen um Werbung handelt.
Für die journalistische Unabhängigkeit ist das Gift. Jeder kritische Artikel über die Schweizer Fleischindustrie ist dadurch mit finanziellem Risiko verbunden: Man könnte die Unterstützung der Industrie verlieren. So nützt die finanzstarke Fleischlobby aus, dass viele Zeitungen dringend auf Geld angewiesen sind. Und als wäre das nicht schlimm genug, unterstützt der Bund diese Lobby-Werbung auch noch mit über sechs Millionen Steuerfranken pro Jahr.
Wir haben uns mit den Jungen Grünen und Jungen Grünliberalen zusammengeschlossen und vor dem Bundeshaus protestiert: Keine Steuergelder für Fleischwerbung! Für Medienschaffende haben wir währenddessen einen Medienguide erarbeitet. Darin finden sich konstruktive Tipps für eine respektvolle und ausgewogene Berichterstattung zu Tierschutzthemen.
Im Gegensatz zu Tierprodukte-Lobbys bekommen wir keine Steuergelder. Unterstütze unseren Einsatz, damit wir für die Tiere einstehen können!