Wie funktioniert ein Lebenshof?
Interview mit Claudia und Beat Troxler vom Lebenshof Aurelio
Im 2020 haben Claudia und Beat Troxler aus Büron (LU) mit viel Engagement und Herzblut ihren konventionellen Bauernhof in einen Lebenshof umgewandelt. Wie schon zuvor leben bei ihnen unter anderem Rinder, Alpakas, Hühner und Schweine. Der grosse Unterschied: Die Tiere werden weder genutzt noch geschlachtet. Wir haben sie besucht und gefragt, wie das funktioniert, welche Herausforderungen die Umstellung mit sich brachte und was dabei der grosse Gewinn für Menschen und Tiere ist.
Animal Rights Switzerland: Ihr habt 2020 euren Bauernhof mit Milchwirtschaft und Schweinemast in einen Lebenshof umgewandelt. Was war für Euch dabei die grösste Herausforderung?
Beat Troxler: Das Thema «finanzielle Sicherheit» war einer der schwierigsten Punkte im Entscheidungsprozess. Zum Glück haben wir von einer sehr erfahrenen Expertin, Sarah Heiligtag und dem Verein Hof Narr Unterstützung bekommen, bis wir genügend Tier-Patinnen und Paten gefunden haben, um kostendeckend zu arbeiten.
Claudia Troxler: Wir mussten viel Geld investieren. Der Anbindestall der Milchkühe wurde zu einem Laufstall umgebaut und die Schweinescheune mit den 200 Mastschweinen wurde ebenfalls zu einem Rinder-Laufstall umgebaut. So sind unsere Rinder jetzt in zwei Ställen untergebracht.
B: Das sind Investitionen, für die man einiges an Kapital braucht, damit die Tiere es dann gut haben. Eine langfristige finanzielle Kalkulation ist schwierig. Man weiss ja nicht, wie lange jemand Patin oder Pate eines Tieres bleiben wird. Mittlerweile läuft es recht gut, aber es fehlen noch 10 bis 15 Prozent Pat:innengelder, bis die Rechnung ganz aufgeht. Wir hoffen, es wird noch etwas mehr und der Stallumbau amortisiert sich bald.
Ihr organisiert auch Events. Hilft das dabei, die Kosten zu decken?
B: Die Events dienen in erster Linie dazu, die Leute aufzuklären. Pro Event ergeben sich dann im Durchschnitt auch ein bis zwei Teilpatenschaften. So ein Event ist also wichtige Werbung. Und wir bieten einen Zvieri an, um den Event mitzutragen, also Kaffee und veganen Kuchen. Aber für unseren Lebensunterhalt reicht das natürlich nicht.
C: Wir haben auch andere Events auf dem Hof: Geburtstagsfeiern, Hofführungen, Firmenanlässe und Teamausflüge. Wir können damit etwas Geld verdienen und gleichzeitig auch darüber aufklären, was man Tieren in einem konventionellen Setting antut. Wir haben manchmal Schulklassen hier, da gibt es eine kleine Entschädigung. Es ist also schon auch eine Einnahmenquelle.
B: Aber im Grossen und Ganzen trägt das nicht.
C: Wir müssten es wohl mehr fördern, aber es gibt genug andere Arbeit zu tun. Im Sommer müssen wir zum Beispiel dann heuen, wenn das Wetter passt. Da wird es eher schwierig mit der Terminvergabe, da man nicht vorausplanen kann und spontan entscheiden muss, aber wir versuchen Lösung für angefragte Termine zu finden.
Wie wichtig ist aus eurer Sicht die Unterstützung von aussen?
C: Ich weiss nicht, ob wir das ohne Sarah Heiligtag gewagt hätten. Wir sind ja nicht der erste Hof, den sie umgestellt hat. Ich habe ein Video über ein anderes Projekt von ihr gesehen. Das hat mich sehr motiviert, das auch zu machen.
B: Eventuell geht es auch alleine. Man muss sich halt bewusst sein, dass man einen Kommunikationskanal haben muss, wenn man etwas wie einen Lebenshof auf die Beine stellen will. Man braucht Besucher:innen und muss die Community erst aufbauen. Aus dem Nichts heraus als Einzelperson Leute suchen, die einen unterstützen, ist relativ schwierig. Da hatten wir auch sehr grosses Glück, dass das Schweizer Fernsehen einen «Reporter» über uns gedreht hat. Zudem stand die ganze Community vom Hof Narr hinter uns, und daraus sind viele Patenschaften entstanden. Zudem postet Claudia regelmässig auf Instagram und Facebook.
Bekommt ihr in irgendeiner Form Unterstützung vom Bund oder vom Kanton?
B: Es gibt die sogenannten Direktzahlungen, diese sind an Flächen, Tiere und tierische Produkte gebunden, sowie an Biodiversitätsflächen und dazugehörige Leistungen. Direktzahlungen hatten wir schon, als wir noch konventionell produziert haben. Jetzt erhalten wir als Lebenshof Unterstützung für Biodiversität und andere ökologische Leistungen, für bewirtschaftete Flächen und auch für die Tierhaltung selbst. Das haben wir aber schon vorher und nicht erst, als wir auf Lebenshof umgestellt haben. Wir hoffen, dass die Beiträge für Lebenshöfe weiterhin erhalten bleiben. Wir sind ja auch Landschaftspfleger:innen.
C: Pflanzliche Produkte sollten aber auch unterstützt werden.
B: Ja, zum Beispiel wäre es gut, wenn auch die Arbeit, die hinter einem Produkt steht, subventioniert würde, beispielsweise beim Haferdrink den wir produzieren. Man subventioniert ja über die Beiträge für die Kuhmilch auch die menschliche Arbeit, die dahintersteckt. Beim Haferdrink fehlt das. Da sehe ich schon Handlungsbedarf.
Wie hat sich euer Alltag in Bezug auf den Arbeitsaufwand verändert? Gab es Dinge, die intensiver waren als gedacht?
B: Also vom Arbeitsablauf und den Umgang mit den Tieren ist es eigentlich viel ruhiger geworden, weil der Zeitdruck beim Melken wegfällt. Immerhin müssen wir nun nicht mehr zu festen Zeiten Milch abliefern. Dadurch sind auch die Tiere ruhiger geworden. Zugenommen hat der Aufwand für die Tierpflege, denn wir haben mehr Rinder. Mit dem neuen Aufstallungssystem, das wir jetzt haben, muss man auch mehr beobachten, damit man sieht, wenn es einem Tier mal nicht so gut geht. Der Laufstall ermöglicht es den Rindern, sich zu bewegen und sich hinzulegen, wo immer sie möchten. Dafür ist das Ausmisten jetzt umständlicher geworden, die Tiere sind öfter schmutzig und wir müssen sie ab und zu mit warmen Wasser «duschen». Das war aber von Anfang an klar.
Was wir unterschätzt haben, ist die Bürokratie und der E-Mailverkehr mit den potentiellen Pat:innen. Hinzu kommt der Aufwand für die Organisation von Pat:innentreffen, öffentlichen Führungen, und so weiter. Ich selbst habe es unterschätzt, wie anstrengend es sein kann, wenn man sich den ganzen Tag mit Menschen unterhält.
C: Lacht. Für Beat ist das anstrengend, ich komme aus dem Verkauf und ich bin es gewohnt viel mit Menschen zu sprechen. Ich denke, was wir unterschätzt haben, ist der Aufwand für die Produktion des Haferdrinks. Die dauerte vier ganze Arbeitstage und ist viel aufwändiger als das Melken früher. Noch dazu haben wir alles selbst gemacht, von der Produktion über die Bestellungsbearbeitung bis zum Ausliefern an Unverpackt- und Bioläden. Das war eine riesige Arbeitsbelastung und wir sind im ersten Jahr wirklich fast an unsere Grenzen gestossen. Deshalb haben wir schweren Herzens die Produktion im grösseren Rahmen eingestellt und produzieren jetzt «nur» noch für unser Hoflädeli.
Wenn ihr euch selbst rückblickend einen Tipp geben könntet, welcher wäre das?
B: Denkt nach… Meine ursprüngliche Philosophie war, das Projekt muss sich finanziell selbst tragen. Ich möchte mir das selbst erarbeiten. Aus heutiger Sicht würde ich im Voraus Stiftungen um Unterstützung fragen. Dazu sind sie ja da. Man muss sich halt auch trauen, anzufragen und Hilfe entgegenzunehmen. Da war ich am Anfang etwas zu zurückhaltend. Wir hatten grosses Glück, dass alles schon amortisiert war und wir keine Altlasten vom konventionellen ins neue System mitnehmen mussten.
Sprechen wir über die Tiere. Bei euch dürfen sie ihre natürliche Lebensdauer ausleben. Wie lang ist diese eigentlich?
B: Rinder können gut und gerne zwanzig Jahre alt werden. Die tatsächliche Lebensdauer einer Kuh ist in der Schweiz leider nur etwa fünf Jahre.
C: Hühner können so zehnjährig werden. Aber die Legehennen in der Industrie werden nach einem oder spätestens eineinhalb Jahren ausgewechselt, weil der Körper ja verschleisst und die Eierqualität nicht mehr liefern kann. Schweine können auch 20 Jahre alt werden und werden im Alter von sechs Monaten geschlachtet.
Bei den Hühnern gibt es bekanntlich eine «Hackordnung». Wie läuft das, wenn neue Hühner zu euch kommen?
C: Man muss sie einfach ein wenig aneinander gewöhnen. Wir schauen, dass wir immer mehrere Hühner zugleich aufnehmen und halten sie am Anfang getrennt voneinander und machen zuerst Parasitenkontrolle. In der Nacht tun wir sie dann in den Stall, damit sie mit den anderen zusammen aufwachen. Wir hatten wenig Probleme damit, Hühner zu integrieren, weil sie ja bei uns frei herumlaufen können.
Wenn der Platz oder das Futter knapp werden, dann wird es also problematisch? Dann ist es ja umso schlimmer, wie wenig Platz die Hühner in der Industrie meist haben!
C: Ja, die haben auf alle Fälle zu wenig Platz. Es ist aber auch so, dass sich ein Huhn etwa 80 Gesichter merken kann. Es kennt also 80 andere Individuen. In der Schweiz darf man aber bis zu 18’000 Legehennen (bei Masthühner sogar 27’000 in einem Stall haben. Da sind die Hühner dann dauergestresst, weil sie die anderen Hühner nicht kennen und folglich auch nicht wissen «stehe ich in der Hackordnung über oder unter dieser Henne». Sie müssen die Rangordnung deshalb immer wieder aufs Neue ausfechten.
Und das ist ein Instinkt, das heisst, das Huhn kann sich nicht einfach anpassen?
B: Ja, und es führt auch dazu, dass die Hennen einander die Federn auspicken und so weiter. Das sind Bilder die man immer wieder sieht.
C: Die ersten Legehennen, die wir bekommen haben, kamen aus einem 6’000er Stall. Sie hatten kein schönes Federkleid, der Kamm war blass und sie waren zerrupft und verängstigt. Es war so schön, ihre Entwicklung zu beobachten. Jeden Tag wurden sie etwas mutiger, sind ein wenig weiter weg gelaufen und haben angefangen, ihr Leben zu geniessen. Nach drei Monaten haben sie schon ganz anders ausgesehen. Der Kamm war wieder rot, sie waren aufgeweckt und sind bis zu den letzten Sonnenstrahlen draussen geblieben. Diese Wandlung fand ich einfach sehr schön. Ein Tier in der Massentierhaltung kann seine Bedürfnisse gar nicht stillen mit Sandbaden, «Sünnele» und Insekten jagen… all das gehört zu einem guten Hühnerleben, aber man verwehrt es ihnen. So ist es auch bei den Schweinen mit dem Suhlen.
Speziell: Bei euch leben auch Alpakas. Wie kam es dazu?
C: Die Alpakas waren schon hier, bevor wir auf das Lebenshof-Modell umgestellt haben. Die Idee war, die Wolle unserer Alpakas der Züchterin zurückzugeben, sie liess dann mit der Wolle Duvets (also Bettdecken gefüllt mit Schweizer Alpakawolle) fertigen. Wir waren dafür lizensiert, solche Decken zu vermarkten. Aber das hat nicht geklappt. Und mir war schon damals nicht ganz wohl dabei, Tiere zu «nutzen».
B: Für uns war aber klar, dass wir die Tiere behalten und nicht wieder verkaufen und auch nicht in die Schlachtung geben. Wir wollten da sein für die Tiere, wir haben sie angeschafft und wollten sie nicht wieder einfach weggeben.
In der Schweiz werden Alpakas geschlachtet?
C: Ja, wegen dem Fleisch. Es gilt als Gourmet-Fleisch und wird als gesundes Fleisch hingestellt. Einige Leute sind da sehr geschockt, wenn wir Ihnen das erzählen. Die sagen dann: «Was, diese herzigen Tiere?» Ich sage dann jeweils: «Ja, und ein Huhn ist genauso herzig und ein Kälbchen auch… das ist mein Empfinden.»
Können wir auch kurz auf die konventionelle Milchproduktion zu sprechen kommen? Wer schon mal selbst ein Kind gestillt hat, weiss, wie sehr es den Körper fordert, Milch zu produzieren. Wie ist das bei Kühen?
B: In der Natur würde eine Kuh sicher nicht so viel Muttermilch geben wie in der Milchwirtschaft. Die Nahrungsaufnahme wäre in der Natur weniger, weil auf der Weide nicht so viel wächst. Eine Kuh ist neun Monate trächtig. Nach der Geburt vergehen zwei bis drei Monate, dann wird die Kuh wieder trächtig, falls ein Stier in der Herde ist. Somit hat sie jedes Jahr ein neues Kälbchen. Wenn das neue Kälbchen auf die Welt kommt, lässt die Mutterkuh das ältere nicht mehr trinken. Die Mutter-Kind Bindung bleibt aber weiterhin sehr stark. In der Milchwirtschaft wird die Milchleistung durch Zucht gesteigert. Mittlerweile ist man pro Tier bei 15’000 bis 17’000 Litern pro Jahr. Und das Tier muss den ganzen Tag hochenergetisches Futter fressen, worauf die Verdauungsorgane aber nicht ausgerichtet sind. Eine Kuh auf normalem Grasland mit ein wenig Mais kann im Jahr 6’000 bis maximal 7’500 Liter Mich produzieren. Die ständige Höchstleistung in der Industrie ist da auf keinen Fall gut für den Körper.
C: Was aber viele nicht wissen: Damit ein Liter Milch produziert wird, müssen 300 bis 500 Liter Blut durch das Euter gepumpt werden.
B: Dann kann man sich ja ausrechnen, was das Herz leisten muss. Nur mal das Herz, geschweige denn alle anderen Organe. Es ist darum auch kein Zufall, dass die durchschnittliche Lebensdauer einer Schweizer Milchkuh fünfjährig ist. Die Tiere laufen sozusagen permanent einen Marathon, sie erbringen eine Höchstleistung mit enormer Belastung für den Körper. Das ist bei vielen anderen Tieren auch so, seien es Milchkühe, Legehennen oder Mastschweine.
Man hört immer wieder, dass Kühe mit ihren Kälbern eine starke Verbindung haben?
C: Die Bindung zwischen einer Kuh und ihrem Kind ist ein Leben lang sehr stark. Unsere Diana zum Beispiel: Wenn sie ihren Didi nicht um sich hat, dann ist die Hölle los. Wenn wir die Herde von der Weide holen, geht eine Hälfte in den oberen Stall, die andere in den unteren. Da haben wir einmal versehentlich Diana und Didi in die beiden Gruppen aufgeteilt. Man kann sich nicht vorstellen, wie laut und wie lange die Mutter nach ihrem Sohn gerufen hat. Das haben wir dann natürlich schleunigst behoben!
Hat bei euch schon einmal eine Kuh ein mutterloses Kalb «adoptiert»?
C: Ja, bei uns hat Arosa das Stierkalb Lenny adoptiert und sie rufen sich gegenseitig. Lenny ist aber bereits zweijährig. Arosa hat allerdings auch eine eigene Tochter, sie heisst Arielle.
Da kann man sich vorstellen, wie hart es für die Tiere ist, wenn sie voneinander getrennt werden.
C: Das ist sehr hart. Früher sind die Kälber auch viel öfter krank geworden und mussten Antibiotika bekommen. Sie konnten die Muttermilch nicht direkt vom Euter ihrer Mutter, sondern nur aus dem Nuckeleimer (mit Milch von 26 verschiedenen Kühen) trinken. Mastkälbli werden vom Muttertier nach der Geburt getrennt und nach drei bis vier Wochen weggegeben. Die Isolation ist für Mutter und Kalb sehr schwer. Die Tiere haben einen ausgeprägten Mutterinstinkt. Ausserdem lernen die Kälber auch von der Mutter, wenn sie die Chance haben, zusammenzubleiben.
Es geht ja auch anders. Wie steht ihr zur sogenannten postletalen Landwirtschaft, also eine Landwirtschaft ohne Tötungen?
B: Es ist wichtig, dass dieser Schritt vollzogen wird. Genauso wichtig ist es, dass für die menschliche Ernährung wieder mehr Geld ausgegeben wird. Das Hauptproblem in der Landwirtschaft ist, dass man für seine Produkte nur den Mindestpreis bekommt und gerade noch überlebt. Man muss es irgendwie schaffen, dass am Ende des Jahres noch etwas Geld übrig ist. Mit dem Weg zur Tierleid-freien Landwirtschaft oder Landwirtschaft ohne Tötungen besteht auch die Möglichkeit, die Lebensmittel für Menschen attraktiver zu machen. Ich hoffe, der Schritt wird früh genug gemacht, um unseren Planeten noch zu retten. Mit Aufklärungsarbeit könnte man noch sehr viel erreichen.
Solange die Industrien und die Politik aber Produkte unterstützen, die Umwelt und Klima schädigen, werden diese Produkte auch konsumiert. Man kann darum nicht alles auf einzelne Bürger:innen oder Konsument:innen abwälzen, und ebenso wenig auf eine einzelne Berufskategorie wie die Landwirt:innen. Da kann man nicht einfach jemanden als Sündenbock hinstellen. Schlussendlich ist es die ganze Gesellschaft, die dieses Problem auslöst. Politik und Industrie hätten den Hebel dazu, die Situation zu verbessern.
Animal Rights Switzerland hat zum Beispiel vom Bund Massnahmen gefordert, um die Explosion der Schlachtzahlen zu stoppen.
B: Finde ich sehr gut, dass das gemacht wird. Was mich da besonders stört, ist die staatliche Unterstützung für Fleischwerbung. Sogar wer sich vegetarisch und vegan ernährt, zahlt mit den eigenen Steuergeldern für Fleischwerbung. Das geht im Grundsatz nicht auf, das kann einfach nicht sein.
Und die ständige Werbung für «Schweizer Fleisch» macht es ja auch schwieriger, kritisch über den Fleischkonsum zu diskutieren.
B: Ja, denn was die Werbung suggeriert, ist auch vielfach eine absolute Kund:innentäuschung. Die Milch- und Fleischlobby darf das. Wenn wir unseren Haferdrink als «Hafermilch» anschreiben, wird uns angekreidet, das sei irreführend. Aber sie verkaufen «Fleischkäse» und «Fleischvögel» und weiss-ich-was-alles.
Es wird in der Milchwerbung nicht gezeigt, wie Milch in Wirklichkeit produziert wird. Man zeigt auch nicht, wie Fleisch produziert wird. Das ist für mich die wahre Kund:innentäuschung, wenn man nicht sieht, was hinter dem Produkt steckt. Idealerweise sollte man nur echte Bilder auf der Etikette und in der Werbung verwenden dürfen.
Darf ich abschliessend noch fragen, wie ihr die langfristige Zukunft des Modells Lebenshof seht?
C: Das Ziel sollte sein, dass statt tierischen Produkten pflanzliche hergestellt werden. Ein paar Tiere können am Lebenshof leben und Dünger produzieren. Wir auf unserem Hof können das leider bisher nicht genau so umsetzen. Auf unseren Flächen produzieren wir das Futter für die Rinder.
B: Andere Betriebe haben vielleicht mehr Fläche zur Verfügung und können im Acker- und Gemüsebau noch mehr beitragen. Aber im Grossen und Ganzen geht es auf einem Lebenshof immer um mehr als «nur» um Produkte für die menschliche Ernährung. Unser persönliches Konzept ist, dass wir eine Art Altersheim für Nutztiere sind. Das ist unsere Zukunftsvision.
Herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute!
Das Gespräch führte Sigrid Hoffmann, Freiwillige bei Animal Rights Switzerland.