Tierwohl-Bestnoten für Migros-Fleisch: Debatte geht weiter
GEMEINSAME MEDIENMITTEILUNG • 17. Februar 2022
Wenn es ums Tierwohl geht, darf man in der Werbung fast alles behaupten. Sogar, dass ein Schinkenprodukt der Migros die beste Wahl fürs Tierwohl sei. Die Schweizer Tierrechtsorganisationen Animal Rights Switzerland und Pour l’Égalité Animale (PEA) kritisieren diese Schönfärberei in der Fleischwerbung.
«Der 5-Sterne Schinken fürs Tierwohl»: So prangte der Slogan letzten Herbst auf einem Migros-Plakat. Die fünf Sterne beziehen sich auf «M-Check», die Bewertungsskala der Migros. Diese ist durchaus umstritten, sowohl bei Kund:innen als auch bei Parteien wie den Jungen Grünliberalen. Es fehle die nötige Transparenz. Doch besonders heftig protestierten Organisationen, die sich für Tiere einsetzen. Denn die Tierwohl-Bestnote geht bei Migros nicht etwa an Kichererbsen, Vegi-Burger oder Hafermilch, sondern ans M-Budget-Poulet und einen Bio-Schinken. Fünf Tierwohl-Sterne für totes Tier – für die Organisationen ein Widerspruch in sich.
Animal Rights Switzerland reichte deshalb bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission Beschwerde gegen die Werbung ein. «Fleisch gehört zum Schlechtesten, was man aus Tierschutzsicht kaufen kann», meint Céline Schlegel, stv. Geschäftsleiterin der Organisation. «Für Fleisch die Bestnote im Tierwohl zu verleihen, ist absurd und setzt ein falsches Zeichen». Doch die Schweizerische Lauterkeitskommission geht auf diese Argumentation nicht ein und weist die Beschwerde ab. Es sei für Aussenstehende klar genug, was die Migros sagen wolle. Die Tierschützer:innen ärgert das. «Pflanzliche Lebensmittel sind eindeutig besser für das Tierwohl, schlicht weil dafür keine Tiere sterben müssen. Das müsste auch die Tierwohl-Bewertung widerspiegeln», so Schlegel.
Bilder: PEA
In der Westschweiz protestierte die Tierrechtsorganisation Pour l’Egalité Animale (PEA) öffentlich gegen die M-Check-Werbung. Die Aktivist:innen demonstrierten kürzlich mit verfälschten Migros-Plakaten: «Totes Schwein: 5 Sterne für das Tier-Unwohl». Daisy Lachat, Mitglied von PEA, meint dazu: «Tote Tiere sind nicht glücklich, und glückliche Tiere wollen nicht sterben. Es ist höchste Zeit, dass wir begreifen, dass es nicht möglich ist, ein Tier mit Respekt auszubeuten und zu töten. Wenn die Migros sich wirklich um das Wohlergehen der Tiere kümmern würde, dann würde sie nicht für Fleischprodukte werben». Die Tierrechtsorganisation analysierte die veröffentlichten Details der M-Check-Bewertung, die jedoch lückenhaft sind. Mit den wenigen verfügbaren Informationen wird jedoch klar, dass die Bewertung Aspekte, die sich wirklich auf das Wohlergehen der Tiere auswirken, wie chronisches Leiden oder Schlachtpraktiken, nicht berücksichtigt. Die Organisation steht in direktem Kontakt mit Migros, um mehr Transparenz, eine Änderung des Bewertungssystems sowie das Ende der Instrumentalisierung des Tierschutzes zu Werbezwecken zu erreichen.
Für Schweizer Tierrechtsorganisationen ist Fleischwerbung schon länger ein Problem. So wurden auch etwa gegen Kampagnen von Proviande Beschwerden eingereicht. Zudem demonstrierten die beiden grünen Jungparteien zusammen mit Animal Rights Switzerland gegen die Steuermillionen, die der Bund jedes Jahr in staatliche Fleischwerbung investiert. «Die Schweiz tötet im Jahr 80 Millionen Tiere für Fleisch, vor zehn Jahren waren es noch 60 Millionen. Der erste Schritt zur Besserung ist, dass wir diese Gewalt erkennen und aufhören, sie in der Werbung schönzureden», so Céline Schlegel von Animal Rights Switzerland.